Arginin – Chemie-Schule (2024)

Strukturformel
L-Arginin
Allgemeines
NameArginin
Andere Namen
  • L-Arginin, Arg, R
  • (S)-Arginin
  • α-Amino-δ-guanidinvaleriansäure
  • Abkürzungen:
    • Arg (Dreibuchstabencode)
    • R (Einbuchstabencode)
SummenformelC6H14N4O2
CAS-Nummer
  • 74-79-3 (L-Enantiomer)
  • 157-06-2 (D-Enantiomer)
PubChem6322
ATC-Code
DrugBankDB00125
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff[1]

Eigenschaften
Molare Masse174,20 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

0,7 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

238 °C[1]

pKs-Wert
  • COOH: 2,0[2]
  • NH2: 9,0[2]
  • Guanidin-Gruppe: 12,1 (stark basisch)[2]
Löslichkeit

gut in Wasser (150 g·l−1 bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]

Achtung

H- und P-SätzeH: 319
P: 305+351+338 [3]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [4][1]

Xi
Reizend

R- und S-SätzeR: 36
S: 26
LD50

5110 mg·kg−1 (Ratte, peroral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

L-Arginin, abgekürzt Arg oder R, ist eine proteinogene α-Aminosäure. Für den Menschen ist sie semiessentiell. Der Name leitet sich vom lateinischen Wort argentum (Silber) ab, da die Aminosäure zuerst als Silber-Salz isoliert werden konnte. Diese Aminosäure hat den höchsten Masseanteil an Stickstoff von allen proteinogenen Aminosäuren. Im Dreibuchstabencode wird L-Arginin mit Arg und im Einbuchstabencode als R abgekürzt.

Vorkommen

L-Arginin ist weit verbreitet. Die folgenden Beispiele geben einen Überblick über Arginingehalte und beziehen sich jeweils auf 100 g des Lebensmittels, zusätzlich ist der prozentuale Anteil von gebundenem Arginin am Gesamtprotein angegeben.[5]

LebensmittelGesamtproteinArgininAnteil
Schweinefleisch, roh20,95 g1394 mg0 6,7%
Hähnchenbrustfilet, roh21,23 g1436 mg0 6,8%
Lachs, roh20,42 g1221 mg0 6,0%
Hühnerei12,57 g0 820 mg0 6,5%
Kuhmilch, 3,7% Fett0 3,28 g0 119 mg0 3,6%
Pinienkerne13,69 g2413 mg17,6%
Walnüsse15,23 g2278 mg15,0%
Kürbiskerne30,23 g5353 mg17,7%
Erdnuss, geröstet23,68 g2832 mg11,9%
Weizen-Vollkornmehl13,70 g0 642 mg0 4,7%
Mais-Vollkornmehl0 6,93 g0 345 mg0 5,0%
Reis, ungeschält0 7,94 g0 602 mg0 7,6%
Buchweizenkörner13,25 g0 982 mg0 7,4%
Erbsen, getrocknet24,55 g2188 mg0 8,9%

Alle diese Nahrungsmittel enthalten praktisch ausschließlich chemisch gebundenes L-Arginin als Proteinbestandteil, jedoch kein freies L-Arginin.

Eigenschaften

Arginin ist eine α-Aminosäure mit einer Guanidin-Funktionalität in der Seitenkette. Gemeinsam mit L-Lysin und L-Histidin gehört L-Arginin in die Gruppe der „basischen“ Aminosäuren oder Hexonbasen. Diese besitzen eine basische Gruppe, hier eine Guanidinogruppe, die im Neutralbereich stets protoniert (positiv geladen) ist. Arginin ist gut in Wasser löslich und reagiert (durch Bindung von Protonen) alkalisch. Die Guanidin-Gruppe ist sowohl im sauren und neutralen, als auch im schwach basischen Milieu protoniert und trägt eine positive Ladung, die zwischen den Aminogruppen delokalisiert ist. Proteine, die L-Arginin enthalten, werden durch diese Ladung hydrophiler, also wasserlöslicher.

Arginin liegt überwiegend als „inneres Salz“ bzw. Zwitterion vor, dessen Bildung dadurch zu erklären ist, dass das Proton der Carboxygruppe zum Guanidino-Rest wandert, der stärker basisch als die α-Aminogruppe ist:[6]

Zwitterionen von L-Arginin mit dem mesomeriestabilisierten Guanido-Kation

Im elektrischen Feld wandert das Zwitterion nicht, da es als Ganzes ungeladen ist. Genaugenommen ist dies am isoelektrischen Punkt (bei einem bestimmten pH-Wert, hier 11,2[7]) der Fall, bei dem das Arginin auch seine geringste Löslichkeit in Wasser besitzt.

Freies L-Arginin hat einen bitteren Geschmack.[8]

Stereochemie

In den Proteinen kommt ausschließlich L-Arginin [Synonym: (S)-Arginin] peptidisch gebunden vor. Enantiomer dazu ist das spiegelbildliche D-Arginin [Synonym: (R)-Arginin], das in Proteinen nicht vorkommt. Racemisches DL-Arginin [Synonym: (RS)-Arginin] besitzt geringe Bedeutung.



L-Arginin (oben) bzw. D-Arginin (unten)

Biosynthese

Im Harnstoffzyklus entsteht L-Arginin aus Carbamoylphosphat, L-Ornithin und L-Aspartat.

Funktionen

L-Arginin ist eine Quelle energiereicher Stickstoff-Phosphat-Verbindungen in Organismen und ist an zahlreichen biologischen Funktionen beteiligt. Es dient in Keimlingen und Speicherzellen als Stickstoff-Reservoir. L-Arginin ist ein Metabolit des Harnstoffzyklus, in dem der Ammoniak, der beim Abbau von Stickstoffverbindungen (z. B. Aminosäuren) entsteht, in Harnstoff umgewandelt wird. L-Arginin ist die alleinige Vorstufe von Stickstoffmonoxid (NO), einem der kleinsten Botenstoffe im menschlichen Körper. Durch Stickstoffmonoxid (NO)-Synthase entsteht aus L-Arginin der Endothelium-derived relaxing Factor (EDRF), der als NO identifiziert wurde. EDRF führt physiologisch zu einer Gefäßerweiterung, indem das NO in die Muskelschicht der Gefäße diffundiert. Es aktiviert dort die lösliche Guanylatcyclase und führt so zur Erschlaffung der glatten Muskulatur und zum Nachlassen des Gefäßtonus. Studien zeigen, dass Arginin über diese Gefäßerweiterung einen erhöhten Blutdruck signifikant senken kann.[9]

Aufgrund der gefäßerweiternden Funktion findet Arginin im Bodybuilding als sogenanntes „Pump-Supplement“ Anwendung, ohne dass diese biologische Wirkung bewiesen ist. Weiterhin führt das NO zur Hemmung der Thrombozytenaggregation und -adhäsion. Dadurch wird die Bereitschaft für thrombotische Veränderungen an Gefäßplaque-Rupturen herabgesetzt, dem häufigsten Grund für cerebrale Insulte. Es wird angenommen, dass Arginin die unterdrückte Immunantwort bei schweren Verletzungen, Mangelernährung, Sepsis und nach Operationen positiv beeinflussen kann. Bei zusätzlicher Gabe wird eine verbesserte zelluläre Immunantwort, eine Abnahme verletzungsbedingter Funktionsstörungen der T-Zellen und eine verstärkte Phagozytose beobachtet. Zusätzlich wird die Ausbildung der endothelialen Dysfunktion (gestörten Gefäßfunktion) verhindert.[10][11]

1998 erhielten die Wissenschaftler Robert F. Furchgott, Louis J. Ignarro und Ferid Murad für die Erforschung des Zusammenhangs von Arginin und NO den Nobelpreis für Medizin.

Bedarf

Arginin – Chemie-Schule (6)Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (beispielsweise Einzelnachweisen) ausgestattet. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst entfernt. Bitte hilf der Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfügst. Näheres ist eventuell auf der Diskussionsseite oder in der Versionsgeschichte angegeben. Bitte entferne zuletzt diese Warnmarkierung.

Der Mensch kann innerhalb des Harnstoffzyklus Arginin selbst synthetisieren, allerdings sind die entstehenden Mengen nicht ausreichend, um den Bedarf vor allem bei heranwachsenden Menschen vollständig zu decken. Daher ist L-Arginin für Kinder essentiell. Aber auch bei Erwachsenen wird der Bedarf an L-Arginin durch die körpereigene Produktion oft nicht ausreichend abgedeckt. Besonders in der Wachstumsphase, durch Stress, bei diversen Krankheiten (z. B. Arteriosklerose, Bluthochdruck, erektile Dysfunktion, Gefäßerkrankungen) oder nach Unfällen übersteigt der Bedarf an Arginin die vom menschlichen Organismus produzierte Menge.

Bei einer Proteinzufuhr von etwa 70–90 g/Tag ergibt sich eine rechnerische tägliche Argininzufuhr von ca. 2–5 g/Tag.[12]

Medizinische Verwendung

L-Arginin wird zur Behandlung einer schweren metabolischen Alkalose verwendet. In der Kinderheilkunde ist L-Arginin auch zur Behandlung eines durch eine schwere angeborene Stoffwechselstörung bedingten erhöhten Ammoniakgehaltes im Blut (Hyperammonämie) angezeigt. Diagnostisch wird L-Arginin zur Abklärung eines Wachstumshormonmangels bei Minderwuchs eingesetzt.

Als (semi)essentielle Aminosäure ist L-Arginin obligatorischer Bestandteil einer parenteralen Ernährung. In Elektrolyt-Konzentraten zum Zusatz zu Infusionslösungen und in peroralen Diätetika wird L-Arginin ebenfalls eingesetzt.[13]

Pharmazeutisch verwendet wird meistens das L-Arginin-Hydrochlorid.

Supplemente

Arginin wird zur Supplementierung bei unzureichender Zufuhr oder erhöhtem Bedarf als diätetisches Lebensmittel, insbesondere als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, gemäß Diätverordnung für verschiedene Krankheitszustände wie erektile Dysfunktion, Arteriosklerose im Frühstadium, endotheliale Dysfunktion und Bluthochdruck vermarktet.[14]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Datenblatt Arginin bei Carl Roth, abgerufen am 13. März 2010.
  2. 2,0 2,1 2,2 Teresa, K.-J. et al.: Nickel Ion Complexes of Amino Acids and Peptides. In: Metal Ions in Life Sciences Band 2: Nickel and Its Surprising Impact in Nature; John Wiley & Sons 2007; ISBN 978-0-470-01671-8; S. 67; doi:10.1002/9780470028131.ch3.
  3. 3,0 3,1 Eintrag zu CAS-Nr. 74-79-3 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 9. März 2011 (JavaScript erforderlich)
  4. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  5. Nährstoffdatenbank des US-Landwirtschaftsministeriums, 22. Ausgabe.
  6. Hans-Dieter Jakubke und Hans Jeschkeit: Aminosäuren, Peptide, Proteine, Verlag Chemie, 1982, S. 42, ISBN 3-527-25892-2.
  7. Norman L. Allinger, Michael P. Cava, Don C. de Jongh, Carl R. Johnson, Norman A. Lebel und Calvin L. Stevens: Organische Chemie, Verlag Walther de Gruyter, 1980, S. 1129, ISBN 3-11-004594-X.
  8. W. Ternes, A. Täufel, L. Tunger, M. Zobel (Hrsg.): Lebensmittel-Lexikon. 4. Auflage, Behr’s Verlag, Hamburg 2005; S. 62–63; ISBN 3-89947-165-2.
  9. Dong JY, Qin LQ, Zhang Z, Zhao Y, Wang J, Arigoni F, Zhang W: Effect of oral L-arginine supplementation on blood pressure: A meta-analysis of randomized, double-blind, placebo-controlled trials. In: Am Heart, 2011 J 162: 959-965.
  10. Landmesser, U. et al. (2004): Endothelial function: a critical determinant in atherosclerosis? In: Circulation, 109 (21 Suppl 1); II27–33; PMID 15173060; PDF (freier Volltextzugriff, engl.).
  11. P. Fürst, H-K. Biesalki et. al.: Ernährungsmedizin, S. 94–95, Thieme-Verlag, Stuttgart 2004.
  12. A. Hahn: Nahrungsergänzungsmittel und ergänzende bilanzierte Diäten. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2006; S. 295.
  13. S. Ebel und H. J. Roth (Herausgeber): Lexikon der Pharmazie, Georg Thieme Verlag, 1987, S. 56, ISBN 3-13-672201-9.
  14. Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to L-arginine

Weblinks

Arginin – Chemie-Schule (7) Wiktionary: Arginin – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Proteinogene Aminosäuren

Alanin |Arginin |Asparagin |Asparaginsäure |Cystein |Glutamin |Glutaminsäure |Glycin |Histidin |Hydroxylysin |Isoleucin |Leucin |Lysin |Methionin |Phenylalanin |Prolin |Pyrrolysin |Selenocystein |Selenomethionin |Serin |Threonin |Tryptophan |Tyrosin |Valin

Arginin – Chemie-Schule (2024)

References

Top Articles
Latest Posts
Recommended Articles
Article information

Author: Eusebia Nader

Last Updated:

Views: 6436

Rating: 5 / 5 (60 voted)

Reviews: 83% of readers found this page helpful

Author information

Name: Eusebia Nader

Birthday: 1994-11-11

Address: Apt. 721 977 Ebert Meadows, Jereville, GA 73618-6603

Phone: +2316203969400

Job: International Farming Consultant

Hobby: Reading, Photography, Shooting, Singing, Magic, Kayaking, Mushroom hunting

Introduction: My name is Eusebia Nader, I am a encouraging, brainy, lively, nice, famous, healthy, clever person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.